Abtei Michaelsberg Siegburg

Die Karmelmadonna

Ikonenhaftes Bild der Meißner
Künstlerin Carola Mai

Die Karmelmadonna vom Michaelsberg

Ein Geschenk des Vereins der Freunde und Förderer des Michaelsberges e.V. an den Karmel Michaelsberg zum 10jährigen Bestehen 

Die Entstehungsgeschichte

Andrea Korte-Böger, Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer des Michaelsberges e. V.

Als im Oktober vergangenen Jahres in der Schatzkammer St. Servatius eine Ausstellung mit Ikonen aus der Hand der Carola Mai zu sehen war, äußerte der Prior des Karmels Michaelsberg, P. Dr. Rockson Chullikal OCD, mir gegenüber den Wunsch, eine Ikone der Karmel-Madonna für das Foyer seines Klosters auf dem Michaelsberg zu erhalten. Außerdem sollten auf diesem Bild große Heilige des Karmelordens mit präsent sein.

Nun ist die Ikone als Kultbild von Heiligen oder heiligen Geschehnissen typisch für die orthodoxen Kirchen und ein fest umrissener Bildtypus. Eine Karmel-Madonna aus byzantinischer Zeit bzw. aus der orthodoxen Kirche existiert nicht, da der Orden der Karmeliten aus dem 12. Jahrhundert in einer Zeit gegründet wurde, als es bereits die Kirchentrennung in West- und Ostkirche gab (1054) und sich seit dieser Zeit die Kunst der beiden Kirchenzweige in völlig andere Richtungen entwickelt hatte.

Carola Mai
Carola Mai

Dem Wunsch P. Rocksons nachzukommen hieß also, einen Künstler oder eine Künstlerin zu finden, die sich sowohl in der Gestaltung der klassischen Ikonenlehre auskannte, aber auch fähig war, etwas ganz Neues, Eigenständiges zu entwickeln, das zudem dem Leben eines indischen Karmels in deutscher Umgebung gerecht werden und im Idealfall Kulturelemente des Gastlandes Deutschland mit denen der Heimat Indien verbinden würde.

Ich besprach dieses Projekt mit der Ikonenmalerin Carola Mai. Natürlich banden wir in diese Vorgespräche auch P. Rockson mit ein, der die vier auf dem Bild zur Karmel-Madonna vertretenen Heiligen namentlich benannte. 

Durch Fensteröffnungen und Wandscheiben im Foyer des Karmels war das Bildformat vorgegeben
(75 x 100 cm). Mein Wunsch „Bitte mit Michaelsberg“ kam hinzu und mit diesen vagen Vorgaben übernahm Carola Mai den Auftrag Ende des vergangenen Jahres.

Fragen im Laufe des Jahres: „Was macht das Ikonen-Bild?“, beantwortete sie lange Zeit mit der Auskunft: 

„Ich bete noch. Ich brauche noch Zeit.“ Und dann im Juli hieß es, ja, angefangen und irgendwann, es wird und – noch besser, es macht Spaß und wird schön. Gesehen habe ich in der Zeit der Entstehung nichts.

Und nun ist das Bild der Karmel-Madonna vom Michaelsberg da. Die Muttergottes im braunen Habit mit Skapulieren, die sie überreicht, mit den großen heiligen Frauen des Karmelordens, hll. Teresa von Avila, Theresia von Lisieux und Edith Stein, deren Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz lautet, und Johannes vom Kreuz, alle dank exakter Portraits erkennbar. 

Besonders einfühlsam hat Carola Mai die Gesichter der Jungfrau Maria und des Jesus-Knäbleins gemalt; denn sie tragen indische keine europäischen Gesichtszüge und die Blumenpracht - Carola Mai ist gelernte Blumenmalerin der Meißeners Porzellanmanufaktur –, ist eine besondere Verbeugung vor dem indischen Leben unserer Karmeliten auf dem Michaelsberg.

Bilderläuterung von Ikonenmalerin Carola Mai

Maria, die allerseligste Jungfrau vom Berge Karmel, ist erkennbar an ihrem braunen Gewand, dem Heiligenschein und den 12 Sternen, welche Vollkommenheit ausdrücken. Die Farbe des Umhangs und der Kopfbedeckung steht für Reinheit. Sie sind geziert mit den drei Jungfrauensternen, rechts und links (verdeckt) auf der Brust und einer mittig auf dem Kopfschleier. Sie ist bereit, jedem das Skapulier zu überreichen, das die Trägerin, den Träger vor Gefahren und bösen Mächten schützt.

Ganz nah an ihrem Herzen hält sie ihren Sohn, das thronende Jesuskind. ER segnet uns mit der rechten Hand, in der linken trägt ER Gottes Wort als Schriftrolle. Auf seinem Untergewand sind Symbole der Dreifaltigkeit, der Vollkommenheit und der Dreieinigkeit. Sein goldenes Gewand, die Farbe Gold steht für die Ewigkeit, krönt IHN schon als den Allherrscher. Seinem Nimbus weist in der Dreiteilung bereits auf seinen Tod am Kreuz hin. In den symbolisch angedeuteten Kreuzesbalken stehen in jeder Ikone die drei Buchstaben WON. ER ist der Seiende, der: ICH BIN, DER ICH BIN:

Die Muttergottes steht etwas erhöht, aber doch nahe bei den Menschen, zu denen sie liebevoll herab blickt. Sie wird begleitet von vier großen Heiligen des Karmel-Ordens: Links Theresia von Lisieux, die eine weiße Lilie, die Madonnenlilie, überbringt. Diese wundervolle Blume steht in der christlichen Ikonographie als Zeichen der Reinheit und der vertrauensvollen Hingabe an Gott. Unterhalb von ihr kniet Johannes vom Kreuz und, auf der anderen Bildseite Edith Stein, beide in Gebetshaltung. 

Teresa von Avila hat zärtlich ein Füßchen des Jesus-Knäbleins umfasst, eine Liebesgeste, die wir aus der Anbetung der Heiligen Drei Könige in der mittelalterlichen Tafelmalerei kennen. Und dann kniet dort noch eine Unbeschuhte. Sie steht für all die anderen ungenannten Ordensfrauen und –männer, für alle Menschen die sich von der seligen Jungfrau das Skapulier erbitten. Die Heiligen knien zwischen Erdbeeren, die auf das Paradies hinweisen, zwischen Veilchen und Stiefmütterchen, die für Demut Mariens stehen und zwischen der Iris, welche Hoffnung, als Schwertlilie aber auch Schmerz und Trauer verkörpern.

Das Bild ist gefasst von Rosenranken, den Blumen der Liebe, die in dieser Ikone aber auch wieder einen speziellen Marien-Bezug haben: Die weiße Rosen stehen für die Reinheit Mariens und ihrer Jungfräulichkeit, die roten Rosen verkörpern die Anteilnahme der Gottesmutter am Leiden Christi und darüber hinaus auch am Leiden der Menschheit. Auch Efeu rankt ins Bild, ein Symbol für ewiges Leben, Zuverlässigkeit und Treue, die den Tod überwindet.

Dicht über unserer Karmel-Madonna ist da noch die weiße Taube, der heilige Geist. Und viele Engel schauen auf das Geschehen herab und begleiten uns hier in Siegburg, zu erkennen an der unserer Abteikirche St. Michael auf dem Michaelsberg und auch der Servatiuskirche unten im Stadtzentrum.